Februar 2014 / Donau-Einkaufszentrum Regensburg

Der „Malerfürst“ der Wiener Schule des Phantastischen Realismus

Der Künstler Ernst Fuchs

Ernst Fuchs kehrt zurück ins Donau-Einkaufszentrum, wo er 1970 die lange Reihe anspruchsvoller Kunstausstellungen mit einleitete

Regensburg/Wien. Ein muskulös-draller Frauenkörper, der sich energiereich aus einem Baumstumpf schält, verzweigt, Blüten austreibt... Mit diesem Plakatmotiv wurde 1970 Ernst Fuchs, ein Begründer und prominenter Akteur der Wiener Schule des Phantastischen Realismus, erstmals in einem ungewöhnlichen Rahmen vorgestellt. In Kooperation mit dem Kulturamt der Stadt Regensburg arrangierte das damals keine drei Jahre junge Donau-Einkaufszentrum „an der Nibelungenbrücke“ eine Ausstellung zum grafischen Werk des Künstlers. Er stand im Programm jener Zeit in einer Reihe mit HAP Grieshaber, Friedensreich Hundertwasser, Salvadore Dali, Pablo Picasso, Edvard Munch... Werkschauen dieser Qualität sind 44 Jahre später auf Ladenstraßen kaum noch vorstellbar.

Der international anerkannte „Malerfürst“, der am 13. Februar 2014 seinen 84. Geburtstag feiern konnte und die Öffentlichkeit nie gescheut hat, kehrt in diesen Wochen jedoch an den frühen Schauplatz zurück: Vom 20. März bis zum 5. April zeigt er einen Querschnitt seines Schaffens auf der zentralen Ausstellungsfläche der mittlerweile deutlich gewachsenen Mall (rund 140 Anbieter auf 80.000 m2). Bei der Vernissage vorab für ein geladenes Publikum und die Presse will der Künstler nach Mitteilung seiner Tochter Angelika „persönlich anwesend sein, um seine Gäste zu begrüßen und bei Bedarf Signatur- und Widmungswünsche zu erfüllen“.

„Die Ausstellung ist vorwiegend dem nahenden Frühling gewidmet“, ordnet Angelika Fuchs die ausgewählten Werke ein. „Den Schwerpunkt bilden eigens für die Ausstellung handkolorierte Unikate, die farbenprächtige Landschaften, Mädchendarstellungen und Blumenbilder zeigen. Bilder, die zu seinen Lieblingswerken zählen.“ Daneben sind mystische Grafiken aus seinem Frühwerk und Ölbilder mit floralen Motiven angekündigt. Der Bogen der verkäuflichen Exponate soll sich von der Druckgrafik zwischen 1000 und 3000 Euro bis hin zum Ölbild um 60.000 Euro spannen und zugleich Techniken wie Radierung, Lithografie, Farbkreidezeichnung oder Ölmalerei veranschaulichen.

Wer sich intensiver mit dem Leben und Werk von Prof. Ernst Fuchs auseinandersetzen möchte, findet auf der Website www.ernstfuchs-gallery.com vielfältige Bezüge. In Regensburg bietet zudem die Galerie Hammer Informationen und persönliche Kontakte zum Künstler an (www.hammergalerie.de).

Aus Aufzeichnungen von Ernst Fuchs über sein Schaffen:

„Nicht selten gelange ich während des Malens in Trance; mein Bewusstsein schwindet zugunsten eines medialen Schwebezustandes, in dem ich mich von sicherer Hand geführt und bewegt fühle, Dinge tuend, von denen ich bewusstermaßen wenig weiß. Dieser Zustand kann mitunter mehrere Stunden dauern. Danach erscheint mir alles, was ich in diesem Zustand geschaffen habe, als ob ein anderer es getan hätte. Erkenntnisse suchen mich heim, die zu finden ich gar nicht gehofft hatte. Von dieser Geistlichkeit erfasst, begreife ich auch, was die großen Erkenntnisse anderer Maler waren, die meine Bewunderung erregten. Ein Verständnis der Kunst und der Erkenntnis, die sie vermittelt, erfasst mich, so, als ob mein Geist mit allen Künstlern aller Epochen in einen Diskurs geraten wäre. Es ist ein Schweben, ein Flügelhaben...“

Ernst Fuchs: Der Architekt der Ungeduld

Der Wiener Maler Ernst Fuchs wird vom 20. März bis zum 5. April 2014 im Donau-Einkaufszentrum Regensburg mit einer Ausstellung vertreten sein. Wir trafen den Alt-Meister zum Interview und erfuhren, was Ernst Fuchs mit Bayern verbindet, was er von abstrakter Kunst hält, warum Architekten nicht nur Techniker sein dürfen und was das alles mit der Schöpfung zu tun hat. Aber natürlich konnten wir uns auch eine persönliche Frage nicht verkneifen…

Herr Prof. Fuchs, seien Sie uns bitte nicht böse über diese Eingangsfrage, aber wir wissen, das interessiert unsere Leser/-innen auch: Wie viele Kinder haben Sie denn nun wirklich, die Quellen gehen ja ziemlich auseinander…?

Ich bin überhaupt nicht böse; ich liebe alle meine Kinder und sie waren mir immer wichtige Motivation. Ohne meine Kinder hätte ich es als Künstler nie so weit gebracht. Aber die noch viel interessantere Frage wäre doch, wie viele Kinder ich in der Zukunft noch haben werde! Ich weiß es leider nicht, aber die Hoffnung lebt.

Ihre Zuversicht gibt uns Mut! Zurück zur Kunst: Was hat Sie zu einer Ausstellung in Regensburg - in einem Einkaufszentrum - bewogen?

Ich habe schon oft und immer gerne in Bayern ausgestellt. Auch hier in Regensburg war ich deshalb schon einige Male. Grundsätzlich will ich meine Kunst den Menschen dort präsentieren, wo diese anzutreffen sind. Dass sind heutzutage eben eher solche Knotenpunkte als Kunstgalerien. Schauen Sie sich doch einmal in den Galerien der Metropolen um, die sind menschenleer. Manchmal zu Recht, wenn ich mir anschaue, was dort geboten wird…

Was verbinden Sie mit Bayern?

Wahrscheinlich etwas anderes als die meisten Menschen. Bayern ist für mich vor allem ein Hochkultur-Land, das auf seine Kunstschätze wirklich stolz sein kann. Das sollte noch viel mehr ins Bewusstsein der Menschen getragen werden, was die Bayern so alles an Kunst hervorgebracht haben.

Was zum Beispiel?

Einer der herausragenden Künstler, die sich hier entwickeln konnten, war sicher der Bildhauer und Holzschnitzer Tilman Riemenschneider. Seine Werke  - vor allem die Altäre - sind für mich einzigartig! Unglaublich, was der geleistet hat. Ich habe einen meiner Söhne nach ihm benannt.

Wenn sie schon Ihre Kinder erwähnen: Noch einmal Herr Professor, wie viele haben Sie?

Ich war in Mathe immer schlecht….

Also gut, wir müssen trotzdem kurz in die Zahlen gehen: Eine kleine Bleistiftzeichnung von Ihnen wurde unlängst für 135.000 Euro ersteigert. Freut es Sie, dass die gegenständliche Kunst wieder im Kommen ist? Sehen Sie das als Bestätigung ihres Weges?

Nein, denn das würde im Umkehrschluss ja bedeuten, dass mich der momentane, geringere Stellenwert der abstrakten Kunst freut und das ist nicht der Fall. Kunst ist Kunst und sie entsteht immer aus einer Kombination aus Begabung und Fleiß. Gegenständlich oder abstrakt, ist gar nicht so die Frage. Aber natürlich lässt sich fehlendes Können in der abstrakten Kunst leichter verschleiern als in der gegenständlichen Kunst.

Haben Sie jemals abstrakt gemalt?

Ich unternahm als ganz junger Mensch einige Ausflüge in diese Richtung. Aber für mich ist eben das größte Kunstwerk der Welt die Schöpfung mit all ihren wunderbaren Wesen und Formen! Und ich habe mein ganzes Leben dazu verwendet, um das, was ich in dieser Schöpfung und in meiner Vorstellung sehe, auf Leinwand zu bringen oder in Stein zu meißeln, oder, oder, oder…

…oder in eine Kupferplatte zu gravieren. Sie haben ja praktisch kein Medium der Kunst ausgelassen und sogar Opern und Gedichte geschrieben. Was ist Ihre Lieblingsdisziplin?

Natürlich spielt bei der Frage das Alter eine Rolle. Eine Skulptur aus Granit zu hauen, ist nicht nur eine künstlerische, sondern auch eine technische und körperliche Herausforderung. Ich könnte das heute nicht mehr…

Aber abgesehen vom Alter - wenn Sie sich auf eine Kunstform beschränken müssten, welche wäre es?

Auf eine beschränken? Das ist ja ein düsteres Szenario. Aber bitte: Ich wähle die Architektur, denn sie vereint praktisch alle anderen Kunstformen zu einem dreidimensionalen Werk.

Ist Architekt sein nicht eher ein technischer Beruf?

Heute vielleicht. Aber in den ersten 10.000 Jahren menschlicher Architektur war das der Beruf eines Künstlers. Statiker und Werkstoff-Experten mussten natürlich eingebunden werden. Aber zuerst ging es immer darum: Was soll es signalisieren, wie muss es funktionieren? Bei vielen heutigen Gebäuden finden sie nicht einmal, wo’s reingeht. Und wenn sie drinnen sind, wollen sie nur schnell wieder raus.

Was planen Sie für die nähere Zukunft?

Vielleicht werde ich mich wieder mehr dem Bühnenbild widmen. Das ist – wenn sie so wollen – Architektur für den Ungeduldigen. Da kann man schneller umsetzen und seiner Fantasie noch freieren Lauf lassen.

Sie wirken gar nicht so ungeduldig…?

…naja, weil ich im Lauf der Zeit gelernt habe, mich diesbezüglich zu verstellen. Aber in Wirklichkeit geht mir alles immer zu langsam. Ich bin eben ein Getriebener meiner Kunst…

…eine Kunst, die Sie auch wohlhabend gemacht hat, wie Ihnen Ihre Kritiker auch gerne vorhalten?

Wohlhabend sein - was heißt das schon? Ich habe mein Geld immer in die Kunst und meine Familie investiert. Nicht, dass ich vom Investmentbanking etwas verstehe, aber wenn ich mir die Aktienbörsen heute anschaue, habe ich - glaube ich - nicht schlecht investiert.

Mag sein, aber ihre Kritiker werfen Ihnen teilweise ihren kommerziellen Erfolg vor. Muss ein Künstler arm sein?

Niemand auf der Welt sollte arm sein müssen. Und was meine Kritiker angeht: Ich bin sehr froh, dass es sie gibt und sie mich kritisieren. Denn wie schon Wilhelm Busch sagte: Der Neid ist die aufrichtigste Form der Anerkennung!

Herr Prof. Fuchs, wir danken für das Gespräch.

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